Umsatz

Verborgenes Leben, 9. Dezember 2024

Wegen des Gerüchts, in dem ich verdächtigt wurde, ich hätte Internes nach außen getragen und Verrat begannen, fanden die Verantwortlichen meines Betriebs, in so einem Fall müssten sie unverzüglich handeln. Keiner hatte mir geglaubt, obwohl ich ehrlich beteuerte, dass ich unschuldig war und nichts mit den Anschuldigungen zu tun hatte. Kurzerhand wurde mir von der Geschäftsleitung mitgeteilt, dass ich in das Stadt-Heim versetzt werde. Dieses lag fünfzig Kilometer von meinem neuen Wohnort entfernt. Das Argument der Entfernung, des langen Arbeitsweges zählte nicht. Ich hatte keine Wahl und musste dankbar sein, überhaupt weiter arbeiten zu dürfen. Warum diese Maßnahme dann nie umgesetzt wurde, habe ich nie erfahren. Jedenfalls hatte die Ankündigung der Versetzung mir zusätzlich schlaflose Nächte bereitet. Im Zusammenhang mit den Heimlichkeiten, die man mir vorwarf, weitererzählt zu haben, begann ich vermehrt darüber nachzudenken, was und warum es so schlimm war, dass gewisse Dinge, die in der Gemeinschaft passierten, geheim gehalten werden sollten. Stand dies nicht im Widerspruch zu einer gewissen grundlegenden Offenheit und Toleranz? Sollten sie als christliche Gemeinschaft nicht aufrichtig und so gut es geht transparent sein? Warum gab es so viele Heimlichkeiten?

Mein Gefühl, meine Intuition kamen langsam zu mir zurück: Etwas stimmte nicht. Ich hinterfragte mich nach wie vor und immer, doch nun hinterfragte ich mehr und mehr auch, was ich sah, was ich hörte, und bat um Antwort in meinem Inneren. Was stimmte nicht?

Für die Linientreuen sah es immer mehr so aus, als müssten alle die gleichen Ansichten vertreten. Es gab eine Richtlinie, der hatte man sich anzupassen. Gepflegte Erscheinung war gewünscht, sowie teure Anzüge aus edlen Stoffen, die sich viele gar nicht leisten konnten, Wohnungseinrichtungen in gehobenem Stil wurden propagiert und gern gesehen. Es gab unausgesprochene Regeln, Vorschriften und deren Befolgung wurde mit entwickeltem Bewusstsein gleichgesetzt. Dunkle Farben für die Herren, helles Weiß, Pastell und Creme für die Frauen. Rot sah man nicht gern und wurde nicht getragen.

Ich erfasste immer mehr, was in diesem Werk, das so hoffnungsvoll begann, mehr und mehr Einzug gehalten hatte: Es war eine Art Schattenglocke, die über der Gemeinschaft hing und diese lähmte und gefangen hielt. Warum wurden Äußerlichkeiten und Worte als Gradmesser, als Maß genommen? Warum wurden jene gelobt, vorne hingestellt und gefördert, die besonders viel arbeiteten, besonders viel Umsatz machten, die besonders angepasst und gefügig waren? Ich sah auch, wie Mitglieder, die Geld einbrachten schnell in bessere Positionen gestellt, hofiert und begünstigt wurden. Gleichzeitig wurden in den Schriften die Gleichheit und Brüderlichkeit propagiert. Ich hatte mir nie über die großen und teuren Autos der Brüder Gedanken gemacht, jedoch erlebte ich die Not jener, die ihr altes Auto nicht ersetzen konnten, weil sie für einen niedrigen Lohn arbeiteten, der für solche Fälle nicht ausreichte.

Umsatz beim Verkauf wurde als Maß für Umsetzen mit Glauben gleichgesetzt. Nun kann das sogar stimmen, wenn Menschen in der Führung Gottes sind und bleiben, wenn jedoch Ehrgeiz oder die Angst vor geistigem Ungenügen die Führung übernimmt, wird einem falschen Geist Tür und Tor geöffnet. Auch diese Prozesse geschehen leise, unmerklich.

Ich bekam immer mehr den Eindruck, es ging mehr um Geld und weniger um Geist. Ich ließ diese Gedanken in mir zu und ging ihnen nach. Kann das sein und ist das möglich? Ich dachte auch, es wären die Brüder, die oberste Gilde, die den Ton angeben, die diese unheilvolle Entwicklung antreiben und steuern.

Was geschah im Werk, das für mich das Werk des Herrn war, der seine Lehre neu zu den Menschen bringen wollte? Sollte dieses mit allen Mitteln verhindert werden, sollte sich dieses Werk von innen selbst zerstören? Ich war voller Fragen, betete um Antworten, war jedoch meinen eigenen Empfindungen und Schlussfolgerungen gegenüber sehr misstrauisch und skeptisch.

Ich betete um die Wahrheit, ich bat darum verstehen zu können, denn ich konnte nicht glauben und wollte nicht glauben, was sich mir zeigte.

VERBORGENES LEBEN

 

«Schreibe für dich den Weg, der bei dir zur direkten Kommunikation geführt hat auf, denn es hilft dir beim Helfen!»