Inneres Wissen

Verborgenes Leben, 18. Dezember 2023
27 Jahre alt

Gebete verändern den Beter, davon bin ich fest überzeugt. Ich habe es erlebt, ich erlebte es in mir und um mich herum. Immer besser erkannte ich, mein ‹Ich›. Es gab unzählige Gelegenheiten, in denen ich mich erkennen konnte, üben durfte. Demut wurde für mich erneut zum Ziel, und es gab viele Gelegenheiten diese zu üben.

Ich übte mich in einer neuen Zurückhaltung, nicht alles auszusprechen, was ich dachte, auch wenn auf meine Meinung wert gelegt, ja oft sogar gewartet wurde. Ich bemühte mich um mehr Pünktlichkeit, sah in die wartenden Gesichter und schämte mich, dass ich alle warten ließ. Als Präsidentin des Turnvereins wurde mir oft der beste Platz zugewiesen, jetzt wählte ich, wann immer es möglich war, den weniger begehrten.

Es war auch die Zeit, in der ich die Gedanken jener lesen lernte, die in mir nur die Putzfrau sahen, mich abwerteten und mich einordneten in ihr Wertesystem. Ich erkannte auch Wertevorstellungen in mir, in denen ich jene abwertete, die glaubten wichtig zu sein, die auf Anerkennung und Lob für ihr ‹Ich› aus waren. Die Erkenntnis über mich selbst, half mir zu verstehen, half mir zu sehen.

Als die Gemeinde anlässlich einer Dorffeier den Turnverein bat, sich in einer Broschüre vorzustellen, machten wir das. Jede der vielen einzelnen Gruppen wurde darin beschrieben, in Wort und Bild, wie oft sie trainiert, welche Ziele sie hat, wer die Gruppe aktuell leitet und wer der Ansprechpartner dafür ist. Ich wurde in unseren Sitzungen darüber informiert, habe aber selbst wenig dazu beigetragen. Als die Broschüre fertig war, überall Zustimmung, Freude und Anerkennung erfuhr, zeigte sich mir ein Bild, das mich sehr beschämte und mir jede Freude am gelungenen Werk nahm: Überall, in jeder Gruppe stand mein Name, Maria Meier, als Ansprechperson. Es fühlte sich an, als würde mich eine Macht einnehmen wollen. Ich konnte es damals zwar nicht genau ergründen, doch ich wusste, dass ich das so nicht wollte.

Mit dem kritischen Blick auf mich selbst, erkannte ich Muster, die mir nicht bewusst waren. Ich erkannte Abhängigkeiten im Turnverein, zum Beispiel wartete man oft auf mein Urteil, um sich diesem anzupassen. Ich hatte es nicht bemerkt. Alles, was mir bewusst wurde, was mir auffiel, änderte ich postwendend, machte mich entbehrlich, förderte noch mehr all jene, die sich einbrachten, die mithalfen und ihren Teil beitrugen. Ich wollte nie die große Vorsitzende, die Präsidentin sein, nur ein Rädchen, das mit seiner Fähigkeit mithilft, ein Werk mitzutragen. Es lag mir fern, jemand zu sein, es war nicht mein Bestreben und schon gar nicht mein Ziel. Das Putzen war ein schöner Ausgleich. Meine Ausbildung war bescheiden, meine Sprachkenntnis ebenso und als ich mal glaubte, mich weiterbilden zu müssen, bekam ich ganz eigene Antworten in meinem Inneren: «Lerne Deutsch. Höre, was Menschen dir nicht sagen. Das ist die Fremdsprache, die du beherrschen solltest.» Ich weiß nicht woher, doch ich wusste auch, dass es ein Schutz für mich war, dass Bildung leicht in der Einbildung endet, in der Gefahr des Seins und des Scheins.

Ich hatte inneres Wissen, ohne zu verstehen, doch ich nahm dieses an und in meinem Bewusstsein auf.

VERBORGENES LEBEN

 

«Schreibe für dich den Weg, der bei dir zur direkten Kommunikation geführt hat auf, denn es hilft dir beim Helfen!»