In dieser Stimmung, die sich in mir oft wie eine Schwermut anfühlte, machten wir einmal einen Ausflug in die Berge. Wir hatten eine Lieblingsalp, irgendwie schien mich dabei der verlorene Friede wieder zu finden. Als ich über die Welt nachdachte, über die vielen jungen Menschen, die in die Falle der Sucht getappt sind, die einen sehr langen Weg vor sich hatten, bis sie sich ihren freien Willen zurückgeholt haben, setzte ich mich auf einen großen, sehr großen Stein im Bachbett. Er war kein Fels, er war ein Stein, rund und schön, und ich hing meinen düsteren Gedanken nach. Wie sollte der Generation geholfen werden? Was konnte man tun? Was konnte ich tun?
«Na, endlich siehst du es ein, gar nichts kannst du tun!», meldete sich die Stimme, die ich schon kannte. «Lege deinen Hochmut ab, die Welt wartet nicht auf dich. Es liegt nicht in deiner Hand, wer bist du denn? Kannst nichts und bist nichts! Höre auf zu glauben, dass sich der Mensch ändern könnte, dass er sich besinnt, dass er glauben lernt, hör auf damit, werde realistisch und schaue den Tatsachen in die Augen! Menschen, ja die Menschheit ist weit davon entfernt, in den Geist Gottes zu treten, sie haben Besseres zu tun, Wichtigeres zu vollbringen!»
Meine Augen füllten sich mit Tränen, wie sollte ich je Gottes Werkzeug werden, was konnte ich schon tun, was konnte ich, Maria, schon bewirken? Ich zog meine Knie an und legte meinen Kopf darauf, mein Herz war schwer und meine Hoffnung wollte mich verlassen. In mir wurde es ganz still, als käme eine Ruhe aus dem großen, runden Stein, der kein Felsen war.
Und nun hörte ich eine andere Stimme, sie war leiser, sie war gütiger: «Ach du kleiner Mensch, warum denn so traurig? Warum so hoffnungs- und mutlos? Die Welt wurde doch auch nicht an einem Tag erbaut, sei geduldig, sei geduldig, du Mensch. Schau mich an! Weißt du, wie lange ich schon hier bin? Kannst du ermessen, was es bedeutet im Eis, im Wasserstrom, im Licht des Morgens, in der Hitze der Mittagssonne und im Sturm und im Schatten der Nacht auszuhalten? Nicht nur für Jahre, für Äonen?! Siehe, es ist mein Dienst. Ich hätte viel zu sagen, viel zu erzählen, viel zu helfen, doch die Menschen hören nicht zu, sie sind beschäftigt. Also sei nicht traurig! Zeit ist relativ, Zeit ist nicht wirklich, es scheint nur so.»
Was war nur mit mir los, hatte gerade der Stein zu mir gesprochen?
«Ist das überhaupt möglich? Lass dich nicht täuschen!», hörte ich die Stimme sagen, die mich immer irgendwie angreifen wollte und gegen einen Teil in mir kämpfte.
Ich dachte nicht weiter über dieses Erlebnis nach, vergessen habe ich es jedoch nicht und speicherte es in mir ab unter «Dialog mit dem Stein, der kein Fels sein wollte». Wenn ich jetzt darüber nachdenke, hat dieser Stein sich bewusst seinem Schleifprozess hingegeben, er hatte keine Kanten mehr, er war rund und schön, stark und kraftvoll, er war einen weiten, sehr weiten Weg gegangen.