Die Abenddämmerung färbte die Straßen und Gassen Jerusalems ein und die Stadt wurde ruhig. Auch in Maria war Ruhe eingekehrt. Sie war da und gleichzeitig weit weg. In ihr sah sie Bilder, Situationen, die so real waren, als ob sie diese tatsächlich miterleben würde.
Als wir am Abend des nächsten Tages vor dem Essen zusammensaßen, ging ich mit dem kleinen Alabastergefäß, das ich von Maria, Seiner Mutter in Nazareth erhalten hatte, zu Jesus. Sie hatte es mir mit den Worten überreicht: «Am Anfang, bei Seiner Geburt wurde mir Weihrauch und Myrrhe auf Seinen Weg mitgegeben. Dies soll Ihn nun...
Jerusalem war in den Tagen vor dem großen Passahfest übervoll mit Pilgern, die diesen höchsten Feiertag, der der Befreiung aus der Sklaverei durch Moses gedachte, verbringen und begehen wollten. Als der Pilgerzug, dem sich Maria angeschlossen hatte, vor der Stadt ankam, löste er sich auf, jeder hatte von ihnen ein anderes Ziel. Viele kamen bei...
«Wie soll es denn sein, ohne dich? Wer wird uns führen? Was sollen wir bloß tun, wenn du nicht mehr da bist?» Ich war panisch und dieses Gefühl hatte sich über den ganzen Tag immer stärker aufgebaut. Angriffslustig fügte ich hinzu: «Du weißt doch auch selbst, dass wir noch nicht so weit sind!» Die Gelassenheit...
Maria dachte an Elisabet. Elisabet war in Marias Haus in Nazareth gestorben, ohne sich ganz auszusöhnen mit dem Schicksal ihres Sohnes Johannes. Ihr Schmerz, ihre Enttäuschung über die Ungerechtigkeit, über die Macht der Mächtigen waren zu groß gewesen. Maria konnte Elisabeth gut verstehen, konnte es annehmen, als sie ihren Trost ablehnte und verbittert zu ihr...
Ich saß mit Jeschu auf der Anhöhe unweit Seines Elternhauses. Diese Schwere, die seit dem Wiedersehen mit seiner Mutter auf Jesus lag, hatte ein neues Ausmaß, eine Trostlosigkeit, die ich so noch nie gespürt hatte. Was konnte Ihn und Seine Mutter nur so bedrücken?
Ich erinnerte mich gut an jene Tage, die wir, kurz bevor wir nach Jerusalem gingen, in Nazareth verbracht hatten. Es waren die Tage, die alles verändert hatten, in denen das Glück, das Aufgehoben- und das Geborgensein überschattet wurden von der Schwere; eine Schwere, die nicht wieder gehen würde.
Es war einige Wochen vor dem Passahfest, als drei Männer bei Maria vorsprachen, um über ihren Sohn zu sprechen. «Wisse, ich bin ein heimlicher Jünger deines Sohnes. Ich habe ihn schon einige Male sprechen hören und ich habe ihn auch persönlich kennengelernt.», erklärte ihr der Mann, der sich als Josef von Arimathäa vorgestellt hatte, «Seine...
Der Schmerz Elisabets über den Tod ihres Sohnes saß tief. Er führte Maria noch mehr in den eigenen Schmerz, der wie ein Dolch ihr Herz durchbohrte, sich wie ein enger Ring um ihren Oberkörper legte, und wenn es ganz schlimm kam, begann ihr Inneres zu brennen; ein brennender Schmerz, der nicht gelöscht werden konnte.
«Wir bekommen Besuch, Maria.», es war Ada, die Nachbarin, die dieses ins Haus hineinrief. Zu dieser Zeit waren die Menschen zu Fuß unterwegs, mit Eseln die Einfachen, mit Kamelen die Händler und hoch zu Ross die Soldaten. Erwartungsvoll trat Maria ins Freie und sah Elisabet, die Mutter von Johannes dem Täufer.