Meine Gesinnung

Verborgenes Leben, 24. Mai 2024

Einmal wurde ich mit Arthur von einem süchtigen Paar zu einem Fondue eingeladen. Ich wusste, das würde einiges von mir abverlangen. Ich kannte ihr Zuhause, es war schmuddelig, unaufgeräumt, chaotisch und es roch stark nach Katzenurin. Doch es war eine Einladung, es ging um die Geste, es ging um Achtung und um Respekt. Deshalb war sie wichtig und Arthur und ich nahmen diese Einladung an, ja, wir mussten sie annehmen, denn für mich war klar, Jesus hätte dies auch getan. Im Äußeren veränderte es nichts, im Inneren alles. Ich kaufte einen Blumenstrauß, Arthur eine Flasche Sekt! Ich war dankbar, dass Arthur mich begleitete. Ich schaute nicht auf das Äußere, ich schaute in die Augen der beiden, hörte ihre Geschichte, die zu einer Tragödie wurde, zum Drama, in dem ihre Sucht zum Hauptthema und somit zu ihrem Lebensinhalt wurde. Sie erzählten von ihren Ansichten, ihren Träumen, ihren Idealen. Ich sah zwei Menschen, die mit hohen Zielen in ihr Leben gestartet waren, ich sah zwei Verführte, Geknechtete und Entkräftete. Beide versuchten im damals neu angebotenen Hilfeversuch durch ein kontrolliertes Methadon-Programm wieder etwas Normalität in ihr Leben zu bringen. Ich wusste, dass dieser Weg nicht in die erhoffte Unabhängigkeit führen würde, doch es half, in ein halbwegs menschenwürdiges Leben zurückzufinden.

Jesus war an meiner Seite. In allem, was ich tat, war er mein Führer, ja, mein Meister. Ich konnte seinen Weg, der ein Opfer-Weg war, immer besser in mir aufnehmen. Er war großartig und ich liebte ihn immer mehr und mit ganzem Herzen. Viele der Menschen, die ich begleitete, verlor ich wieder aus den Augen. Es ging eben nicht darum, ihnen Freund zu sein, es ging darum ihnen zu zeigen, dass sie nicht allein waren, dass es äußere und innere Hilfe gab.

Ich begann fasziniert in den Spuren des Jesus von Nazareth zu gehen, erlebte eine Fülle, eine Sinnerfüllung, die über alles hinausführte, was ich bis dahin kannte. Dabei gab es keine großen Erfolge, ich konnte keine Wunder vorweisen, es fühlte sich eher an, als würde ich an der Seite von Jesus durch die Dörfer ziehen, von ihm lernen – immer wieder fragend: «Wie würde er jetzt reagieren?» Und wenn ich versagte, nicht zufrieden mit mir war, fühlte ich mich von ihm ermuntert, es weiter zu üben. Es fühlte sich alles gut an; in den schwierigsten Situationen konnte ich Hoffnung geben, Sinn vermitteln und Glauben stärken.

Es war die Zeit, in der ich mit dem kleinen Anstecker «Jesus lebt» unterwegs war. Jeder wusste dadurch meine Gesinnung. Manchmal wurde ich darauf angesprochen, meistens jedoch nicht; doch ich wollte signalisieren, an was und an wen ich glaube, das war mir wichtig.

VERBORGENES LEBEN

 

«Schreibe für dich den Weg, der bei dir zur direkten Kommunikation geführt hat auf, denn es hilft dir beim Helfen!»