Ich hatte mir so sehr gewünscht, dass mein Vater mich, seine einzige Tochter, in der Kirche vor Gott führen würde. Deshalb verschoben wir das Hochzeitsdatum um fünf Monate. Sein schweres Krebsleiden wurde erst nach der Verschiebung der Hochzeit erkannt und hatte inzwischen Spuren hinterlassen
Wir zogen also nach Hellbühl, wieder an den Fuß des Pilatus. Mit dem wenigen Geld, das von der Versteigerung übriggeblieben war, wurde das Inventar eines kleinen Lebensmittelgeschäftes erworben, in dem die Mutter künftig für die verbliebene Familie sorgen wollte. Ich wollte Dekorateurin werden, doch meine Eltern kannten diesen Beruf nicht.
Wie eine dunkle Wolke lag der Tod meines Bruders über unserer Familie. Die Stimmung wurde schwer, die Unbeschwertheit war dahin, als hätte er, der freudige Theddy, das Lachen mitgenommen, als er von uns ging. Alle wurden ernster und mein Vater, zunehmend müde, vom Lebenskampf ermattet, geschwächt, erkrankte immer öfter.
Es war kurz vor meinem 13. Geburtstag. Ich lag mit hohem Fieber im Bett, wir erwarteten den Arzt, der wegen mir zu einem damals noch üblichen Hausbesuch kommen wollte. Ich hörte im Stübli unter mir eine Männerstimme, ich erkannte sie als jene des Arztes.
Wir lebten auf einem Bauernhof, der zu einer großen Sägerei gehörte, die Landwirtschaft war in Pacht. Es war ein sehr hügeliges Land mit steilen Hängen und der Vater mühte sich um jeden Meter ab. Die Maul- und Klauenseuche, die in der Gegend ausbrach, verlangte einen Bann, in den auch der Hof unseres Vaters kam.