Kleine Freiheit

Verborgenes Leben, 20. März 2024

Die Gespräche, Begleitungen und Freundschaften dieser Zeit waren ebenso intensiv wie nah. Einmal wurde die Nähe zu nah und eine Verliebtheit stellte sich ein, ich ging sehr offen damit um und weihte Arthur umgehend ein. Dieser meinte nur: «Ja, das habe ich auch schon mal erlebt.» Ich wusste es und ich wusste auch, in wen er sich verliebt hatte. Die Bestätigung tat gut und weh gleichzeitig.

Als ich von diesem Mann zu einem Kaffee eingeladen wurde und wir im Einverständnis unserer Ehepartner uns diese kleine Freiheit nahmen, erlebte ich Folgendes:

Wir freuten uns auf einen ungestörten Abend, so wie es mit Freunden ist, Zeit zu haben, sich auszutauschen, so war mein Plan. Wir stiegen aus dem Auto, meine Tür war noch offen und ich hielt inne: Ich sah hinter meinem Begleiter, der mir freudig zunickte, eine Gestalt, eine große Lichtgestalt! Jetzt erst erkannte ich Jesus, er war ernst und bewegte sein Haupt in verneinender Weise, sofort verstand ich seine Botschaft: «Lass es, mach es nicht, es ist ein Schritt zu viel!»

Zutiefst beschämt, bat ich meinen Begleiter mich wieder nach Hause zu fahren. «Ich kann es nicht, es fühlt sich nicht gut an.»

Nach dieser beschämenden Erfahrung wollte ich nicht mehr Frau sein, ich wollte als Frau in keiner Art und Weise falsche Signale senden. Ich erkannte nun die Gefahr, in die man geraten konnte. Ich erkannte auch mein eigenes harte Urteil, das ich über jene fällte, die in dieser Versuchung nicht widerstehen konnten, die es Liebe nannten und oft ihre Familien opferten, für das eigene Glück, die eigenen Bedürfnisse. Ich lernte durch diese Lektion mein Unverständnis, meine Wertung zu löschen. Ich lernte auch die Gefühle ernst zu nehmen, die mit so einer Begegnung einhergehen und lernte Verständnis zu haben für jene, die in Versuchung geraten.

In meinen Gesprächen bekam ich so viele Einblicke, bekam so viel Untreue zu sehen, sah die Verletzungen und Wunden, die diese Vertrauensbrüche hinterließen und wurde mir bewusst, welch ungute Entwicklung für viele schon ganz normal war. Es ist wie beim Lügen, so erkannte ich. Untreue wurde nicht mehr als Unrecht erkannt. «Du sollst nicht begehren deines nächsten Weib, deines nächsten Mann, noch Hab und Gut!» Die zehn Gebote wurden ausgehebelt und gelten nicht mehr. Ich sah das Unvermögen der Paare, zusammen einen Entwicklungsweg zu gehen und ich sah die Kinder, denen die Geborgenheit und Sicherheit, ja, das Nest genommen wird, sah ihr gebrochenes Vertrauen, dem sie ihr Leben lang nachtrauern werden. Ich erkannte die unheilvolle Entwicklung der Kleidung, der Mode, die immer mehr zeigte, die aufreizend an die Männer sendet, ohne zu beachten, was damit angerichtet und signalisiert wird. Ich fragte mich, wohin wird das führen?

Diesem unheilvollen Spiel wollte ich mich entziehen, deshalb trug ich ab dieser Zeit ein weites, hellblaues Hemd mit Edelweiß-Muster und eine dazu passende Hose. Mein langes Haar hatte ich zu einem Zopf geflochten, schlicht und einfach. Ich nannte es mein Büßerhemd, es stand für Evas Schuld, ja, Schuld. Ich begab mich auf den Weg der Busse.

«Wer eine Frau mit Begehren ansieht, hat mit ihr schon die Ehe gebrochen. »  

Das waren die Grenzen, die Jesus gezogen hatte. Das war und ist die Herausforderung. Diesem Maßstab wollte ich gerecht werden und ernsthaft in mir erschließen.

VERBORGENES LEBEN

 

«Schreibe für dich den Weg, der bei dir zur direkten Kommunikation geführt hat auf, denn es hilft dir beim Helfen!»