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geistzeit
Ich wünschte mir meine eigene Sicht, meine eigene Wahrheit neu, in der Wahrheit durch Jesus, den ich liebte, durch Christus, den ich gerade erst kennenlernte und durch Gott, den ich als Vater anzunehmen wagte, wieder zu finden. Doch wie konnte ich weitergehen, wenn immer wieder neue Hiobsbotschaften mich erreichten?
Ich erlebte und durchlebte die Trauer um meinen kleinen Bruder aufs Intensivste. Ich weinte zwei Tage ohne Unterlass, begab mich noch einmal in all die Situationen, die uns als Geschwister verbanden und verbunden hatten. Als ich mich ausgeweint hatte, durch war damit, waren auch die Tränen versiegt.
Die Schicksalsschläge in meinem Leben, die Todesfälle in meiner Familie hatten mich schon früh nach dem Sinn des Lebens fragen lassen. Ich verstand, dass die Geborgenheit in der Familie nicht Ziel sein kann, dass es um weit mehr ging, und ich konnte erfassen und verstehen, dass ich die Geborgenheit in meiner Familie gesucht hatte, bis...
Rückblickend stellte ich fest, wie viele schwierige Lebenssituationen ich in meinem Familien- und Bekanntenkreis bewältigt hatte. Ich hatte mich immer dort eingebracht, wohin ich gerufen wurde. Ähnlich wie die fleißige Marie im Märchen Frau Holle. Marie, die auf den richtigen Zeitpunkt hörte und dann spontan handelte, wenn das Brot aus dem Ofen genommen werden musste.
Beim Treffen der Glaubensgemeinschaft zeigte sich eine weitere herausfordernde Situation: Aus dem Spendentopf wurde regelmäßig Geld entwendet. Das Spendenkörbchen wurde neben den Ausgang gestellt. Immer wenn ein bestimmter Glaubensbruder kam, fanden wir eine große Note im Spendentopf. Doch dann fehlte regelmäßig diese große Note, obwohl dieser Bruder dagewesen war.
Wie selbstverständlich wuchs ich in den Kreis der Verantwortlichen und schon kurze Zeit später in die Leitung für den Treffpunkt der Glaubensgemeinschaft in Zürich. Ich engagierte mich gerne und verbrachte viel Zeit bei Aktionen aller Art.
Eine alte Frau, die in einem der Mehrfamilienhäuser wohnte, die ich betreute, lebte sehr zurückgezogen und war bekannt dafür, dass sie nur wenige Worte mit ihren Nachbarn wechselte. Es war kurz vor Ostern und ich stand unter Zeitdruck, da ich am nächsten Tag zu einem großen Treffen der Glaubensgemeinschaft fahren wollte.
In einer Pflanzenübung, die uns im Intensivkurs gegeben wurde, sollten wir in uns hineinhören, das war die Aufgabe. Ich suchte mir ein Bäumchen aus, es stand in voller Blüte, viele Bienchen summten herum und suchten die blauen Blüten ab, nach dem süßen Honig.
Ich war überzeugt, ich hatte, was den Tod von Theddy betraf, alles aufgearbeitet. Ich hatte mit meinen Ängsten gerungen, sie bearbeitet, bis sie überwunden waren. Als unser Sohn Patrick anfing, freudig mit seinem Mofa herumzukurven, stiegen diffuse Gefühle der Angst in mir hoch.
Im Rahmen der Glaubensgemeinschaft fanden Sonntagstreffen in Zürich statt, auch andere Versammlungsorte waren dabei per Telefon zugeschaltet. Auf diese Weise wurden zum einen Offenbarungen gehört und darüber gesprochen, zum anderen auch konkrete Erfahrungen, die man mit Aufgaben im täglichen Leben machen konnte, ausgetauscht.
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